Quelle: NTV.de 16.08.2025
Balkonkraftwerke schonen den eigenen Geldbeutel und die Umwelt – diese Aussage hat sich in den Köpfen vieler festgesetzt. Aber sind die kleinen Solaranlagen so nachhaltig, wie gerne behauptet wird?
Balkonkraftwerke liefern selbst produzierten Ökostrom direkt von der eigenen Terrasse oder dem Balkon – und ersetzen damit Energie aus dem öffentlichen Netz, die zum Teil immer noch aus fossilen Brennstoffen gewonnen wird. Ein typisches Balkonkraftwerk mit zwei Modulen und gut 800 Watt Leistung erzeugt in Deutschland jährlich etwa 600 bis 850 Kilowattstunden Strom. Bezogen auf den Strommix 2024 spart ein einziges Balkonkraftwerk somit rund 250 Kilogramm CO₂ pro Jahr ein.
Das entspricht, gemäß den Berechnungen des Schweizer Bundesamts für Zivilluftfahrt, in etwa der CO₂ -Bilanz von zwei bis vier Flugstunden für eine Person. Oder der Menge an Kohlenstoffdioxid, die bei der Herstellung von circa 18 Kilogramm Rindfleisch anfällt. (Quelle: Institut für Energie- und Umweltforschung).
Wer mehr für die Umwelt herausholen möchte, der setzt auf das sogenannte „overpowering“ – das steht für eine gewisse Überdimensionierung einer PhotovoltaikAnlage im Verhältnis zur Wechselrichterleistung. Gemäß den rechtlichen Maximalgrenzen dürfen Balkonkraftwerke nur bis zu 800 Watt ins Hausnetz einspeisen. Wer von der vereinfachten Anmeldung und der simplen Installation per Schuko-Stecker profitieren möchte, darf also nur eine bestimmte Menge Ökostrom auf dem Balkon erzeugen. Beim „overpowering“ wird einfach ein bisschen mehr Modulpower an den Wechselrichter
angeschlossen: Zum Beispiel drei Module mit eben 1.350 Wattpeak Solarleistung an einen Wechselrichter mit 800 Watt. Das ist technisch absolut unbedenklich – es ermöglicht aber, dass die erlaubten 800 Watt häufiger und länger erreicht werden; zum Beispiel bei leichter Bewölkung.
Balkonkraftwerke: Ökobilanz bei der Herstellung
Die Herstellung von Solarmodulen ist energieintensiv und benötigt Rohstoffe wie Silizium, Glas oder Aluminium. Zudem stammen die meisten Module aus China, wo der Strommix noch stark kohleabhängig ist. Trotzdem produzieren Solarmodule ein Vielfaches an Energie im Vergleich zu ihrer Herstellung! Mittlerweile liegt die energetische Amortisationszeit bei maximal einem Jahr, danach ist ihre Ökobilanz unschlagbar. Denn: Module haben in der Regel eine Lebensdauer von 20 bis 30 Jahren.
Wie grün sind Solarspeicher?
Stromspeicher erweitern die Nutzungsmöglichkeiten von Solarstrom, indem sie den selbst produzierten Strom für Schlechtwetter-Phasen oder den Abend speichern. Derzeit kommen vor allem Lithium-Eisenphosphat-Akkus (LiFePO4) zum Einsatz, die ohne problematische Rohstoffe wie Kobalt und Nickel auskommen und 15 bis 20 Jahre durchhalten. Obwohl die Herstellung der Speicher ressourcenintensiv ist und gerade der Lithium-Abbau in den exportierenden Ländern Umweltprobleme mit sich bringen kann, fällt auch die Ökobilanz von modernen Akkus positiv aus. Entscheidend ist hierbei eine regelmäßige Nutzung des Solarspeichers und damit einhergehend eine zur PV-Anlage optimal gewählte Speicherkapazität. Zu Balkonkraftwerken passen flexibel erweiterbare Speicherlösungen mit einer BasisEinheit, die 1,5 bis 2,0 Kilowatttstunden (kWh) Kapazität aufweist.
Laut wissenschaftlichen Studien verursacht die Herstellung eines Lithium-IonenSpeichers zwischen 100 und 200 Kilogramm CO₂ pro Kilowattstunde Speicherkapazität. Wenn ein Speicher regelmäßig gut genutzt wird, sind das auf die Lebensdauer gerechnet nur 40 bis 80 Gramm CO₂ pro kWh – und damit ein Bruchteil der 350 bis 400 Gramm CO₂, die laut Umweltbundesamt pro Kilowattstunde deutschem Durchschnittsstrom
anfallen.
Fazit: Ein Balkonkraftwerk ist kein grünes Wundermittel, das ohne Energie- und Ressourceneinsatz hergestellt und transportiert werden kann. Moderne Solarmodule, Wechselrichter und Speicher sind aber technisch so ausgereift, dass die Umweltbilanz ganz klar pro Balkonkraftwerk ausschlägt. Wer sich so ein Teil auf den Balkon oder in den Garten stellt, der rettet nicht die Welt im Alleingang – aber er trägt aktiv dazu bei, dass endliche Ressourcen geschont werden und weniger klimaschädliches CO₂ entsteht.